Notausstieg dank Probezeit

Der Arbeitsvertrag ist unterschrieben – jetzt beginnt die Probezeit. Erst dann kann man sagen, ob die Neueinstellung erfolgreich ist.  Die Probezeit ist vielleicht der wichtigste Teil des Einstellungsprozesses.  

Im Flugzeug sitze ich gerne am Notausstieg. Ich liebe die zusätzlichen Zentimeter Beinfreiheit, die man hier genießen kann. Der Sinn eines Notausstiegs ist natürlich ein ganz anderer – und ich hoffe, ich werde diesen Ausgang nie benutzen müssen.

Auch während der Probezeit sitzen Sie als Arbeitgeber direkt am Notausstieg. Wie Sie die Probezeit nutzen, bleibt Ihnen überlassen. Sie können während dieser sechs Monate Ihre Beine gemütlich ausstrecken und den Dingen Ihren Lauf lassen. Oder Sie können die Probezeit aktiv nutzen, um herauszufinden, ob es möglicherweise sinnvoll ist, den Notausstieg zu nutzen, um viel Ärger und Geld zu sparen.

Probezeit aktiv gestalten

Wie die Praxis zeigt, betrachten aber leider viele Arbeitgeber den Einstellungsprozess als erledigt, sobald der Arbeitsvertrag unterschrieben ist.

Ein Irrtum, der teuer werden kann. Denn wir alle machen immer mal wieder Fehler bei der Einstellung neuer Mitarbeiter. Es kann passieren, dass man sich täuscht in der Person des Bewerbers. Deshalb zeigt sich gerade bei der Gestaltung der Probezeit der Unterschied zwischen einem durchschnittlichen und einem exzellenten Personaler.

Ein weiterer Blogartikel, der spannend für Sie ist: „Mitarbeiterbindung die ersten 100 Tage sind entscheidend“.

 

Wie nutzen Sie die Probezeit?

Als guter Personaler sollten Sie drei Punkte während der Probezeit herausfinden:

  1. Kann der neue Mitarbeiter die Arbeit machen?
  2. Will er die Arbeit machen?
  3. Wie wird er die Arbeit machen?

Um diese Punkte zu klären, wird bei uns für jeden neuen Mitarbeiter ein individueller Plan für die Probezeit ausgearbeitet. Zusammen mit dem neuen Mitarbeiter legen wir für die verschiedenen Aufgabengebiete Ziele fest und setzen Meilensteine.

Gratis-Download: Einen Leitfaden, wie Sie Meilensteine in der Probezeit vereinbaren

Setzt man solche genau definierten, realistische Etappenziele während der Probezeit, lässt sich sehr genau nachvollziehen, ob der Mitarbeiter den Anforderungen gewachsen ist oder nicht.

Probezeit Fragezeichen

Fahrplan für die Probezeit

Legen Sie sich also einen Fahrplan für die Probezeit zurecht. Fünf Punkte sollten Sie dabei beachten:  

  1. Definieren Sie Ziele
    Erstellen Sie gemeinsam mit dem neuen Mitarbeiter einen Plan mit genauen Zielvorgaben für die Probezeit. Die Zielvorgaben müssen messbar sein.
  1. Stellen Sie einen Paten zur Seite
    Ein erfahrener Kollege soll als Ansprechpartner für den neuen Mitarbeiter während der Probezeit verantwortlich sein und ihm bei der Einarbeitung helfen. Dieser Kollege kann dann auch gut beurteilen, wie sich der Neue einlebt und die Erwartungen erfüllt.
  1. Führen Sie Feedback-Gespräche
    Führen Sie regelmäßig Feedback-Gespräche mit dem neuen Mitarbeiter.
  1. Machen Sie am Ende der Probezeit die „5-Ja-Kontrolle“
    Ja, Nummer eins muss natürlich vom neuen Mitarbeiter selbst kommen. Lästert er auf Facebook über seinen Arbeitsplatz, fehlt das Ja. Das zweite Ja muss von den Kollegen kommen. Klappt hier die Zusammenarbeit auf beruflicher und persönlicher Ebene? Das Dritte Ja muss von den Kunden kommen. Bei negativen Rückmeldungen müssen Sie sofort Konsequenzen ziehen. Das vierte Ja-Wort steht dem direkten Vorgesetzten zu, schließlich muss er mit dem Neuen zurechtkommen. Das fünfte Ja erwarte ich vom familiären Umfeld des neuen Mitarbeiters – denn wenn die Familie zuhause mit der Arbeitszeit nicht einverstanden ist, wird vom neuen Mitarbeiter wohl früher oder später nur noch „Dienst nach Vorschrift“ zu erwarten sein.
  1. Ziehen Sie die Konsequenz
    Der Mitarbeiter hatte alle Meilensteine gemeistert? Gratulation! Hat er die Erwartungen nicht erfüllt: Trennung. Und zwar ohne Kompromisse.

Die Vorstellung, den ganzen Einstellungsprozess wiederholen zu müssen, verleitet manchen Arbeitgeber dazu, die Fehler des neuen Mitarbeiters während der Probezeit schönzureden. Lieber hält man an der Falschbesetzung fest, statt rechtzeitig das Arbeitsverhältnis am Ende der Probezeit zu beenden. Es war ja nicht alles schlecht, was der Neue gemacht hat, heißt es dann. Man lässt weiterwursteln und gibt sich mit der zweit- oder gar drittklassigen Lösung zufrieden.  Bis vielleicht gar nichts mehr geht. Wenn dann die Trennung erfolgt, wird die Scheidung teuer und der Schaden ist groß. Ich garantiere Ihnen: wenn es schon in der Probezeit schlecht läuft, wird es später, sobald sich der Mitarbeiter gänzlich sicher fühlt und noch weniger Grund hat, sich zu engagieren, erst recht nicht besser.

Video „Kündigen in der Probezeit – wie geht das?“ (2:18 Min.):

Im Zweifel entscheiden Sie sich unbedingt noch in der Probezeit gegen den neu eingestellten Mitarbeiter. Doch wie geht das? Kündigen in der Probezeit:

Gehalt gegen Leistung

Vergessen Sie nicht: Der Vertrag mit Ihrem neuen Mitarbeiter ist ein Geschäft. Sie bezahlen für Leistungen, die er Ihnen vor Arbeitsantritt zugesagt hat. Genauso, wie Ihr Mitarbeiter erwarten darf, dass er für diese Leistungen nun künftig jeden Monat pünktlich sein Gehalt auf seinem Konto vorfindet, dürfen Sie erwarten, dass er die Leistungen erbringt, die Sie vereinbart haben. 

Kann oder will der neue Mitarbeiter diese Leistungen nicht erbringen, sind nicht Sie es, die ein schlechtes Gewissen haben müssen, wenn Sie den Arbeitsvertrag beenden. Im Gegenteil: Schließlich hat der Einstellungsprozess Sie viel Geld und Zeit gekostet und muss nun wiederholt werden, weil der Bewerber seine Zusagen nicht eingehalten hat. Sie haben vielleicht zugunsten dieses neuen Mitarbeiters einem anderen vielversprechenden Bewerber abgesagt und die Stelle ist jetzt noch länger unbesetzt.

 

70 Prozent Fehlbesetzungen

Laut verschiedenen Studien stimmen Personalverantwortliche darin überein, dass 70 Prozent aller Neueinstellungen nicht optimal sind. Und sie geben zu: Die meisten Probleme kündigten sich bereits in der Probezeit an – aber trotzdem wurde der Notausstieg nicht genutzt.

70 Prozent Fehlbesetzungen! Das ist eine gewaltige Quote, ein riesiges Potenzial, das da verschenkt wird. Und ein Armutszeugnis für die dafür verantwortlichen Personaler.

Dabei geht es nicht nur darum, dass ein fehlbesetzter Mitarbeiter dem Betriebsergebnis schadet. Auch die Kollegen leiden darunter. Mitarbeiter, die weniger oder schlecht arbeiten, stören den Betriebsfrieden, wie verschiedene Studien belegen. Das ist gut nachvollziehbar, schließlich geht die schlechte Arbeit zulasten der ganzen Abteilung.

Niemand will einen Notausstieg benutzen. Aber es ist gut, dass es ihn gibt. Und wenn es dann doch notwendig ist, sollte man nicht still sitzenbleiben und hoffen, dass sich eine ungute Situation vielleicht doch noch positiv entwickelt.

Probezeit Planspiel

Inhouse-Seminar „Recruiting-Planspiel“

Die Probezeit steht übrigens an der Spitze des neunstufigen Einstellungsprozesses, den wir im Rahmen der ABC-Personal-Strategie entwickelt haben. Sie können den vielfach bewährten Prozess praxisnah und spielend kennenlernen bei unserem Inhouse-Seminar „Recruiting-Planspiel: Die Geheimnisse des perfekten Einstellungsprozesses entdecken“. Mehr dazu finden Sie hier.