Letzte Woche war ich auf Kosten der Steuerzahler in Brüssel, und als jemand, der versucht, politisch mitzudenken, wollte ich das Europäische Parlament einmal gesehen haben. Unterbringung im Hilton City Center, einem 4-Sterne-Hotel, 3-Gänge-Menü usw. zum Preis von 130 Euro. Alles inklusive. Ein Schnäppchen.
Im Hotel angekommen, wird’s spannend. Beim Frühstück bildet sich eine lange Schlange, obwohl die Tische nur halb besetzt sind. Ich habe eine ziemlich ärgerliche Auseinandersetzung mit der Dame, die am Eingang steht und den Prozess ruiniert. Wenn sie nur einfach von der Eingangstür verschwinden würde, wären alle Hotelkunden happy.
Dann die nächste Panne: Der Bus zum Parlament muss warten, weil ich zusammen mit 5 anderen Reisenden im Aufzug festsitze. Mehrere Anrufe über die Notruftaste mobilisieren einen Techniker, mit dem ich mich über Telefon unterhalte. Schließlich wird die Tür aufgebrochen. Eine Frau erleidet eine Panikattacke.
Aber auch im Parlament laufen die Dinge ziemlich holprig. Besonders die Sicherheitskontrollen sind extrem. Ähnlich wie der Brüsseler Flughafen, der ist mittlerweile zur Festung ausgebaut. Das Taxi setzt die Passagiere in einem Hinterhof ab, und dann geht es zwischen großen Betonabsperrungen zu Fuß in Richtung Terminal, bewacht von einer Unzahl von Polizisten und Soldaten mit Gewehren in beiden Händen.
Im Parlament will mir nichts so recht gelingen. Die Tür in den Raum zu unserem Treffpunkt bekomme ich nicht auf. Sie ist speziell für Rollstuhlfahrer geeignet. Für normale Menschen sind die vielen Schalter und Hydraulikvorrichtungen nicht zu begreifen. Die Frauentoilette ist hervorragend ausgeschildert. Die Männertoilette kann ich nicht finden. Dafür liegt die Garderobe für Mäntel sehr zentral. Es gibt dort ein unübersehbares Schild, auf dem steht: „Für die Garderobe übernehmen wir keine Haftung.“ Hatte ich auch nicht erwartet. Trotzdem ist das Schild riesig, weil es in allen 24 Amts- und Arbeitssprachen verfasst ist. So funktioniert das Parlament. Wenn einer der 24 Dolmetscher ausfällt, dann gibt es keine Sitzung.
Warum schreibe ich das? Frau Dr. Inge Gräßle ist unsere Abgeordnete und die macht eine tolle Arbeit. Unbeeindruckt von allen Widerwärtigkeiten legt sie den Sumpf der europäischen Subventionen trocken. Man hat ihr den Praktikant weggenommen, jetzt macht sie halt statt einem 12-Stunden-Tag einen 16-Stunden-Tag.
Und was hat das mit Ihnen und mit mir zu tun? Sie sind der Kapitän an Bord, und möglicherweise klemmt es an vielen Stellen. Sie haben eine Mannschaft, die 24 Sprachen spricht, und einige Landsleute sind am meutern, weil sie denken, sie sind zu kurz gekommen.
Aber, das Europaparlament lebt, und es geht voran, weil einige wenige sich dieser Aufgabe verschrieben haben. Und so ist es auch bei Ihnen. Die Menschen blicken auf ihren Chef, und solange der an Deck ist und fröhlich seinen Weg geht, führt die Reise erfolgreich weiter.